Wie immer gegen Ende des Jahres, und rechtzeitig, damit Ihr ein paar Inspirationen für Weihnachtsgeschenke bekommt, stelle ich einige Bergbücher vor, die ich in diesem Jahr gelesen habe. Heuer sind es vorrangig Sachbücher geworden, ein neuer Roman ist nicht dabei, dafür gleich noch einmal einer, den ich schon vorgestellt hatte.
Reisebericht: Paolo Cognetti – Gehen, ohne je den Gipfel zu besteigen
Paolo Cognettis Buch „Acht Berge“ habe ich sehr gerne gelesen, ein schöner Roman. Was lag da näher, als auch „Gehen, ohne je den Gipfel zu besteigen“* zu lesen, ein Reisebericht diesmal.
Paolo Cognetti schildert seine Reise in die Himalayaregion Dolpo in Nepal, die er zusammen mit einem Freund unternimmt. Ihre Route folgt der von Peter Matthiessen und dessen Buch „Auf der Spur des Schneeleoparden“ . Ein leicht zu lesendes Buch, das mich aber nicht so überzeugt hat wie „Acht Berge“*, weshalb ich Euch dieses gleich noch einmal empfehlen möchte!
Sachbuch: Florian Klenk – Bauer und Bobo: Wie aus Wut Freundschaft wurde
Dieses Buch ist kein klassisches Bergbuch. Die Vorgeschichte: Im Jahr 2014 wird in den Tiroler Bergen, unweit von Innsbruck, eine deutsche Touristin auf einem Wanderweg zu einer Alm von einer Kuh angegriffen und getötet. Die Familie erstreitet vor Gericht ein Schmerzensgeld von dem Bauern.
Tiroler Bauernverband, die Tiroler Politik und Zeitungen sind aufgebracht und stellen sich auf die Seite des Bauern. Das Urteil schlägt in Tirol und darüber hinaus hohe Wellen. Florian Klenk, Chefredakteur der österreichischen Wochenzeitung Falter und promovierter Jurist, schreibt und begründet in einem Artikel, warum das Urteil seiner Ansicht nach richtig ist.
Damit wiederum zieht er sich den Zorn – nicht nur – des Bauern Christian Bachler zu, der den höchstgelegenen Bauernhof der Steiermark bewirtschaftet. Über Facebook zieht Bachler in einem Wut-Video über den „Bobo“ (Bourgeoiser Bohemien) Klenk aus Wien her und fordert ihn auf, sich die Arbeit der Bergbauern doch mal wirklich anzusehen und eine Woche auf seinem Hof mitzuarbeiten. Woraufhin Florian Klenk sich in den Zug setzt und in die Steiermark fährt.
Daraus entstanden ist ein Buch, das auf gerade einmal 160 Seiten nicht nur erzählt, wie sich aus der Wut des Bauern die Freundschaft dieser zwei ganz unterschiedlichen Menschen entwickelt hat. Wir erfahren viel über die teils existenziellen Nöte der Bauern, nicht nur in den Bergen. Über die Rolle von Agrarkonzernen, Banken und EU-Vorschriften. Warum blaue Tinktur auf Yakrücken und Sonnencreme auf dänische Schweine geschmiert wird.
Mit seinem Vater spricht Florian Klenk über den Wandel der Dörfer, die sich innerhalb von gerade einmal zwei Generationen mehr verändert haben als zuvor in hunderten von Jahren. Und schließlich handelt das Buch von der unglaublichen Rettung von Christian Bachlers Bergbauernhof, bei der sogar Florian Klenk und „Volks-Rock’n’Roller“ Andreas Gabalier, sonst eher in gegenseitiger Abneigung verbunden, zusammenarbeiten.
„Bauer und Bobo“* ist hervorragend geschrieben, es macht Spaß bei lesen, trotz ernstem Hintergrund. Es ist ein Buch, das einen wirklich schlauer macht und ein Buch über Freundschaft und Zusammenhalt. Ganz ohne Pathos, sehr sachlich. Eine ganz große Empfehlung! Inzwischen ist „Bauer und Bobo“ auch verfilmt worden.
Sachbuch: Sven Plöger, Rolf Schlenker – Die Alpen und wie sie unser Wetter beeinflussen
Sven Plöger kennen wir seit Jahren aus dem Fernsehen, er ist einer der Meteorologen, die vor oder nach den Nachhrichten die Wettervorhersage präsentieren. Zusammen mit dem Wissenschaftsjournalisten Rolf Schlenker hat er das Buch über das Alpenwetter geschrieben.
Zunächst klären die Beiden, was die Alpen für das Wetter in ganz Europa so besonders macht und wie Wetter und Klima ohne die Alpen hier aussehen würden, auch in Regionen, die weit von den Alpen entfernt liegen. Es geht um Wetterphysik, sie erklären, warum manche Wetterphänomene wie bestimmte Winde immer wieder vorhersagbar auftreten. Auch Katastrophen, wetterbedingte oder menschengemachte, werden beschrieben und ihre Entstehung erklärt.
Vegetationszonen, die sich im Flachland über tausend Kilometer vom Mittelmeer bis in die Arktis ziehen, sind im relativ schmalen Alpenbogen auf wenige tausend Höhenmeter verdichtet. Wir lesen, ob und wie sich Pflanzen und Tiere an diese sehr speziellen Lebensräume angepasst haben und, anhand einiger Beispiele, ob sie in der Lage sind, sich dem Klimawandel anzupassen.
Breiten Raum nimmt im Buch auch die Nutzung der Alpen durch den Menschen ein. Verkehr, touristische Nutzung, die Veränderung von Lebensräumen wie abgelegenen Dörfern, werden an einigen Beispielen erklärt.
Ein wirklich umfassendes, ebenfalls gut zu lesendes Buch, auch wenn mir „Bauer und Bobo“ stilistisch besser gefallen hat. Aber auch „Die Alpen und wie sie unser Wetter beeinflussen“* ist ein Buch, dass ich allen, die sich für die Alpen interessieren, empfehlen kann. Populärwissenschaftlich im besten Sinne erfährt man hier viel Neues und bekommt vage Bekanntes genauer erklärt.
Wer sich tiefergehend mit den Veränderungen im Zuge der Klimakrise in Deutschland in den kommenden Jahren und Jahrzehnten befassen möchte, dem empfehle ich „Deutschland 2050: Wie der Klimawandel unser Leben verändern wird“*. Das Buch zeigt anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse in 14 Kapiteln, wie sich die Veränderugnen den Klimas in Deutschland konkret auswirken werden. Sehr sachlich und faktenorientiert, ohne Verharmlosung, ohne Alarmismus.
Landkarten-Rätsel: Nadine Ormo / Michael Laufersweiler – Landkarten-Rätselreise Deutschland / …um die Welt
In Zeiten von Google Maps und OpenStreetMap ist diese Sonntagnachmittagsbeschäftigung fast ausgestorben. Aber ich erinnere mich noch gut daran, wie ich als Kind mit dem dicken Deutschland-Atlas einer Tankstellenkette im Sessel gesessen habe. Mit dem Finger über die Karten gefahren bin und die Sehenswürdigkeiten der Städte, die nebenan beschrieben wurden, auf den Stadtplänen gesucht habe. Sowas könnt Ihr jetzt wieder machen, diesmal als Landkarten-Rätselreise!
Denn Nadine Ormo, die Ihr vielleicht (ganz bestimmt!) schon von ihrem Blog kulturnatur.de oder von ihren „Eskapaden“ Büchern kennt, hat zusammen mit Michael Laufersweiler gleich zwei Bücher geschrieben, die sich genau darum drehen: Landkarten-Rätselreise Deutschland* und Landkarten-Rätselreise um die Welt*.
Zu jeweils 44 Städten und Regionen in Deutschland bzw. auf der ganzen Welt, findet Ihr jeweils einen einführenden Text mit ganzseitigem Foto. Und dann auf den Folgeseiten einen Kartenausschnitt und je drei leichte, drei mittelschwere und drei wirklich kniffelige Fragen, deren Lösung sich irgendwie auf oder mit Hilfe der Landkarte finden lässt. Ganz klar ein Tipp für lange Winterabende.
Wanderführer: Reinhold Lehmann, Claudia Hanke – GeoWandern Chiemgau und Berchtesgadener Land
Der Chiemgau ist eines meiner meistbesuchten Wandergebiete. Kein Wunder, liegen doch die Berge zwischen Inntal und Berchtesgadener Land noch nah genug für eine Tagestour, wenn man aus München oder dem Gebiet östlich von München kommt. Die Berge und der Chiemsee sind schon großaretig für leichte und mittlere, teilweise auch schwere Wanderungen. Noch etwas weiter und für Tagestouren gerade noch möglich, schöner ist’s aber mit Übernachtung, ist das Berchtesgadener Land, meine absolute Lieblingsregion in den Bayerischen Alpen.
Diese beiden Regionen stellt der Wanderführer „GeoWandern Chiemgau und Berchtesgadener Land: mit Hügelland Inn-Chiemsee-Salzach“* vor. Und, wie der Titel schon sagt, das den Alpen vorgelagerte Hügelland um den Chiemsee herum. Insgesamt 35 Wanderungen stellt das Buch vor. Den Anfang machen 14 leichte Touren im Alpenvorland oder in Tallagen. Neun Wanderungen führen durch die Chiemgauer Alpen, davon 5 leichte und je zwei mittelschwere und schwere Wanderungen. In den Berchtesgadener Alpen gibt es dann fünf leichte und fünf mittelschwere sowie zwei schwere Touren.
Wo geht es hin? Zum Beispiel um den Tüttensee, in die Kendlmühlfilzen oder zum Delta der Tiroler Achen in der Hirschauer Bucht. Aber auch auf die Gipfel von Hochfelln, der Gedererwand oder des Hochstaufen. Die Schellenberger Eishöhle wird genauso besucht wie die Almbachklamm, die Steinerne Agnes oder der Blaueisgletscher.
Das besondere an diesem Buch ist, dass die Autoren Reinhold Lehmann und Claudia Hanke beruflich Geografen sind. Sie können also erklären, wie die Landschaften und besonderen Gesteinsstrukturen entstanden sind, welche Einflüsse die letzte Eiszeit hatte und welche Seen durch sie entstanden sind. Wir erfahren, warum der Chiemsee langsam verlandet, welchen Einfluss die Salzgewinnung und -Verarbeitung hatte und welche Zeugnisse man davon heute noch sieht.
An der Gedererwand, der bekannteren Kampenwand vorgelagert, sieht man, dass sich auch Felsen und Berge langsam, aber stetig verändern. Und das Berchtesgadener Land mit seinem fjordartigen Königssee, dem Wimbachgries, seinen Gletschern und Klammen ist sowieso ein geologisches Eldorado.
Neben den reinen Tourenbeschreibungen gibt es also auch weitere Erläuterungen, durch welche Regionen man da eigentlich wandert. Ein schönes und interessantes Buch, das man als reinen Wanderführer nutzen kann, das aber durch die geologischen Informationen viele interessante Zusatzinformationen bietet. Übrigens ist es durch die vielen Wanderungen im flacheren Voralpenland auch für Frühlingswanderungen gut geeignet, wenn auf den Bergen noch zu viel Schnee für normale Wandertouren liegt.
Landkarten: Tom Dauer – Alpen. Die Kunst der Panoramakarte
Wenn Ihr an Bergen unterwegs seid, wo eine Seilbahn fährt, werdet Ihr sie kennen: Die großem Panoramakarten, auf denen die Bergwelt der Umgebung im Plakatformat gemalt ist. Meistens als Sommer- und als Wintervariante, für die Wanderer und die Skifahrer.
Und dass sie gemalt sind, ist ganz wichtig! Die Panoramakarten, um die es hier geht, sind keine Fotos, die vom Boden, aus Flugzeugen oder von Satelliten gemacht wurden. Nein, es sind allesamt Kunstwerke, die informieren und Lust machen, die Bergwelt zu erkunden.
Stark vereinfacht, aber doch mit viel Liebe zum Detail gemalt. Durch geschickte Schattierungen und Erhöhungen erscheinen die Berge dreidimensional. Das Auge fährt durch Täler, wandert über Hänge und durch Scharten und erklimmt letztendlich einen Gipfel nach dem anderen. Dadurch lasen sich kleine Berggebiete, aber auch ganze Regionen erfassen.
Wie kompliziert das, neben dem reinen technischen Malkönnen ist, erläutert der einleitende Text des bekannten Alpin-Jurnalisten Tom Dauer. Der text befasst sich mit der Geschichte dieser speziellen und komplizierten Form der Gebrauchsmalerei, deren Ergbnisse schließlich mehr als die Summe der Teile sind, sondern, wie Tom Dauer schreibt, „pure Magie“ wird. Damit es dazu kommt, werden fast alle Grundsätze, die Wanderkarten ausmachen, über Bord geworfen. Manchmal verschwindet sogar ein kompletter Berg, wenn es für das Gesamtbild notwendig ist.
Nach dem einleitenden Text, der auf nur sieben Seiten Geschichte und Technik der Panoramakarten umfassend beschreibt, sprechen diese dann für sich. Insgesamt 90 Panoramakarten, aus fast allen Ländern des Alpenbogens zeigen Alpenregionen als Sommer- oder Winterlandschaften.
Ohne weitere erklärende Texte, nur die Berge, Talorte und wenige andere geografische Bezeichnungen sind eingefügt. So ist „Alpen. Die Kunst der Panoramakarte“ ein wunderbares Bilderbuch für Bergfreunde. Ideal, um in Erinnerungen zu schwelgen oder auch, um sich schon einmal vor einer Tour oder einem Urlaub in den Bergen ein platisches Bild der Region zu machen. Ein Buch, das ich mir vom letzten Weihnachts-Geschenkegeld gegönnt habe und Euch sehr empfehlen kann. Zum Selberschenken oder zum Verschenken.
Alle diese Bücher könnt Ihr Online kaufen und vorher den „Blick ins Buch“ nutzen und weitere Kommentare lesen. Oder besucht die Buchhandlung Eures Vertrauen im Heimatort oder ganz in der Nähe, lasst Euch berarten und bestellt das Buch dort, wenn es nicht vorrätig ist. Wenn Ihr noch weitere Inspirationen sucht, lest gerne auch die „Alpinen Buchtipps zu Weihnachten“ aus dem vergangenen Jahr!
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