Die Banff Mountain Film Tour 2015

Action, Geschichte und Politik: Die Filme der Banff Mountain Film Tour 2015

Jedes Jahr im Frühjahr steht die Banff Mountain Film Festival Tour an, die in Deutschland traditionell in München startet. Aus Gründen, die ich selbst nicht kenne und auch nicht verstehe, habe ich die Tour jetzt mehrere Jahre lang nicht gesehen. Dabei ist sie einen Besuch absolut wert. Auf der Tour wird eine Auswahl der Filme gezeigt, die auf dem Bergfilmfestival im Städtchen Banff in den kanadischen Rocky Mountains aufgefallen sind.

In diesem Jahr werden auf der Tour insgesamt sieben Filme gezeigt, davon zwei lange und fünf kurze Filme von weniger als zehn Minuten Länge.

Bevor ich zu den langen Filmen komme, hier ein Überblick über die Kurzfilme: Zwei von ihnen stellen die Sportart und die actiongeladenen Bilder in den Vordergrund:

Touch – Jean-Baptiste Chandelier

Was Jean-Baptiste Chandelier mit seinem Gleitschirm anstellt, ist der Hammer, “Touch” ist hier wörtlich zu nehmen. Ein sehr actiongeladener, bildgewaltiger, fünfminütiger Kurzfilm. Nicht brandneu, ich hatte ihn vor einiger Zeit schon auf Youtube gesehen. Macht aber nichts, auf der großen Leinwand ist es ein großer Spaß.

The Ridge – Danny MacAskill

Ihn kann man auch von Youtube kennen, denn hier ist der Mountainbiker Danny MacAskill bekannt geworden. In diesem sieben Minuten langen Film fährt er über die Bergkämme seiner schottischen Heimatinsel Skye. Perfekte Beherrschung des Mountainbikes in einer fantastisch schroffen Landschaft.

Die anderen drei Kurzfilme haben durchaus auch Action, stellen aber viel stärker die Protagonisten in den Vordergrund. Hier ist auch die Altersspanne beeindruckend: Der jüngste Sportler ist gerade einmal 14 Jahre alt, der älteste ist 1926 geboren und somit im Film bereits 88 Jahre alt. Trotz seines Alters ist er ein aktiver Skifahrer im Banff National Park. Der Dritte ist, trotz einer Behinderung, ebenfalls ein fanstastischer Skifahrer.

14.C – Kai Lightner

Kai Lightner, ein junger Kletterer aus den USA, hat einen Deal mit seiner Mutter: Solange die Schule nicht leidet, unterstützt sie ihn in seinem Sport, soweit es geht. Dabei hat sie selbst nicht einmal gewusst, dass Klettern Sport sein kann, bevor ihr Sohn damit begonnen hat. Mittlerweile hat Kai mehrere amerikanische Jugendmeisterschaften gewonnen, nun zieht es ihn auch aus der Halle an die Felsen. Ein schönes Portrait, nicht nur des Jungen, sondern auch seiner Mutter, die ihn nicht nur fährt, sondern auch sichert und mit ihm über die Felsen zum Einstieg in die Route klettert.

Sculpted in Time: The Wise Man – Eddie Hunter

Ein Film über einen 88jährigen Skifahrer, den “Wise Man” Eddie Hunter. Er blickt zurück auf die Veränderung des Skifahrens in den Rocky Mountains, auf die Natur und den Lauf der Zeit und er gibt sein Können an seine Enkel weiter. “The most beautiful sound in the Canadian Rockies is just: Silence”. Ein Mann, so alt, wie es mein Vater wäre und dabei voller Energie. Ein toller, schöner, berührender Film von fünf Minuten Länge, den ich Euch nicht vorenthalten möchte:

Vasu Sojitra – Out on a Limb

Schon im Kleinkindalter verlor Vasu Sojitra ein Bein. Als er mit fünf Jahren Skifahren lernte, brachte er es sich selbst bei, denn der Skilehrer wusste nicht, wie er es einem Einbeinigen lehren könnte. In diesem sieben Minuten langen Film sehen wir Vasu Sojitra auf Skitouren die Berge aufsteigen und im Tiefschnee abfahren. Und die Behinderung spielt dabei wirklich keine Rolle. In diesem Film gibt es mehr Action, als das Thema erwarten lässt.

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Das waren die kurzen Filme, und damit kommen wir zu den beiden langen Filmen. Als erster der zwei langen Filme wird der Hauptfilm “Damnation” gezeigt, der mit 52 Minuten Länge fast schon einen eigenen Kinobesuch wert ist. Auf diesen Film war ich schon im Vorhinein sehr gespannt.

Damnation

Wie soll man dem Stromhunger einer aufstrebenden Nation stillen? In den USA baute man dafür seit über 100 Jahren Staudämme, um die Kraft des Wassers nutzbar zu machen, eine unerschöpfliche, regenerative Energiequelle. Ein Mittel, den damals noch wilden Westen des Landes urbar zu machen und zu besiedeln. Ein umfassendes Infrastrukturprojekt, das viele Arbeitsplätze geschaffen hat. Und ein gewaltiger Eingriff in die Natur und das Leben dort ansässiger Indianerstämme.

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“Damnation” erzählt davon, wie einige Flüsse in den USA, die durch teils riesige Dämme gestaut wurden, nun wieder frei fließen können. Dabei geht es nicht stur für oder gegen die Nutzung der Wasserkraft, sondern darum, bestimmte Dämme wieder abzutragen, deren Nutzen für die Energieerzeugung besonders gering ist oder die einen besonders großen Eingriff in die Natur bedeuten.

Wie immer, wenn es um die Frage der Energieerzeugung geht, ist auch dies eine hochpolitische Angelegenheit. Verantwortliche für die Errichtung der Dämme kommen im Film ebenso zu Wort wie Aktivisten, die für die Beseitgung von Dämmen kämpfen und solche, die sich gegen den Abbau bestehender Staudämme stemmen. Ingenieure, die von einer Seite zur anderen wechseln, Indianer, die den Verlust ihrer ursprünglichen Lebensweise betrauern.

Damnation zeigt auch, wie sich die Natur wieder entwickelt, nachdem die Dämme abgebaut oder gesprengt wurden und die Flüsse wieder frei fließen. Ein politischer Film, der eine Entwicklung von über 100 Jahren zeigt. Ein sehr guter Film, man sollte ihn gesehen haben. Hier ist der Trailer:

DamNation – Trailer from Patagonia on Vimeo.

The Stonemasters

Dieser Film war für mich die Überraschung dieser Film Tour. Auf Damnation war ich schon vorher sehr gespannt, “The Stonemasters” hat mich dafür umso mehr direkt im Kino in seinen Bann gezogen. Ein Film, der sowohl Kletterfilm, als auch ein historischer Film mit politischem Anspruch ist. Mit sehr viel Witz erzählt. Und obwohl es eigentlich “nur” ein Trailer für den längeren Film “Valley Uprising” ist, wirkt er mit seinen 30 Minuten auch als eigenständiger Film.

Es geht um die “Stone Masters” um Jim Bridwell, Lynn Hill, Mike Graham, Rick Cashner, John Bachar und Ron Kauk, die in den Siebzigern den Kletterkult im Yosemite Valley und die legendäre “Nose” begründet haben. In der Zeit des Vietnamkrieges und des Watergate-Skandals, als das Vertrauen in die politischen Institutionen erodierte, hat sich dort eine Gemeinschaft von Kletterern zusammengefunden, die einen radikalen Gegenentwurf zum materiell geprägten amerikanischen Traum gelebt haben: Im “Camp 4” lebte man absolut reduziert nur für den Traum des Kletterns und dafür, eine gute Zeit zu haben. Legendäre neue Routen zu begehen und das Gemeinschaftsgefühl waren wichtiger als materieller Besitz.

Mit dem Wechsel vom technischen Klettern zum Freiklettern wurde ein ebenso radikaler Wechsel der Klettertechnik und des Anspruchs an das Klettern vollzogen. Bis hin zum völlig kompromisslosen Free Solo Klettern des John Bachar.

Mehr als kritsch beäugt von den Aufsehern des Yosemite National Parks lebten die Kletterer im Camp 4 ihren ganz eigenen Traum vom Leben und vom Klettern. Und sie lebten auch ihre ganz eigenen Trips. Großartig ist die Episode, als plötzlich ein mysteriöses Flugzeug in einen See weit oben im Park stürzt und was daraufhin passiert. Seht es Euch selbst an!

Der Film zeigt mit viel Witz die Stimmung der Siebziger Jahre. Er zeigt die großen Zeiten der Stone Masters, aber auch die Entwicklung hin zu immer stärkerer Kommerzialisierung des Yosemite Parks und auch der einzelnen Kletterer. Und er zeigt, wie die Gruppe an der Kommerzialisierung, aber auch an den unterschiedlichen Einstellungen der Kletterer zu Fragen des richtigen Kletterstils, zerbricht. “Stonemasters” ist ein schönes Portrait einer Gruppe von Kletterern, wie sie wohl nur in dieser speziellen Zeit bestehen konnte.

Insgesamt ist die Banff Mountain Film Tour in diesem Jahr eine tolle Mischung aus Action und Anspruch. Manche der Filme könnt Ihr Euch auch einfach auf Youtube ansehen, aber besonders die beiden langen Filme Damnation und The Stonemasters sind den Besuch der Tour auf jeden Fall wert. Wenn die Banff Mountain Film Festival Tour bei Euch in der Nähe ist, seht sie Euch an!

Hinweis: Die Filme werden im englischsprachigen Original mit deutschen Untertiteln gezeigt.
Ausführliche Informationen zu den Filmen und zu den Terminen der Banff Tour 2015 in Deutschland, der Schweiz und Österreich findet Ihr unter www.banffmountainfilm.de.

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