Eine kurze Wanderung führt zu einer spektakulären und weithin sichtbaren Landmarke des Ruhrgebiets, dem Tetraeder. Er steht auf der flachen Haldenkuppe der Halde Beckstraße in Bottrop. Mehrere leicht zu gehende Wege führen hinauf und schon vom Fuß des Tetraeders ist der Ausblick großartig. Aber es warten noch drei Aussichtsplattformen innerhalb des Bauwerks!
Geschichte des Tetraeders und der Halde Beckstraße
Die Halde Beckstraße ist eine etwa 80 Meter hohe Abraumhalde. In den Jahren 1963 bis 1980 wurde sie aus aus „totem Gestein“, dem im Steinkohlebergbau nicht nutzbaren Gestein, aufgeschüttet. Die Halde gehörte zum Bergwerk Prosper-Haniel, dem letzten aktiven Steinkohlen-Bergwerk im Ruhrgebiet. Am 21. Dezember 2018 wurde das Bergwerk geschlossen. Damit war die Steinkohleförderung in Deutschland beendet.
Viele der Halden im Ruhrgebiet wurden renaturiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Rahmen der Internationalen Bauausstellung Emscher Park (IBA Emscher Park) wurde der Tetraeder auf der Kuppe der Halde Beckstraße errichtet. Zusammen mit der Halde wurde er am 3. Oktober 1995 als „Haldenereignis Emscherblick“ eröffnet. Er ist auch Teil der Route der Industriekultur im Ruhrgebiet.
Der Tetraeder in Zahlen
Der Tetraeder ist eine Stahlkonstruktion in Form einer dreiseitigen Pyramide mit einer Kantenlänge von 60 Metern. Insgesamt 1,5 Kilometer lang sind die Stahlrohre, die den Tetraeder bilden. Die Spitze steht 50 Meter oberhalb der Haldenkuppe. Die Rohrkonstruktuion selbst steht auf vier acht Meter hohen Betonsäulen.
Trotz der enormen Ausmaße sieht die Konstruktion recht filigran aus. Dabei wiegt der von Wolfgang Christ und Klaus Bollinger entworfene Tetraeder aber 210 Tonnen.
Die Aussichtsplattformen, die in die Konstruktion eingehängt sind, befinden sich in 18, 32 und 38 Metern Höhe über dem Boden.
Wanderung zum Tetraeder
Der flache und langgezogene Gipfelbereich hat eine Höhe von 110 Metern über Meereshöhe. Dort steht der Tetraeder und genau dort wandern wir hin. Und hinauf!
Egal, ob man mit dem eigenen Auto oder öffentlich anreist, der Startpunkt ist in der Beckstraße in Bottrop. Hier befinden sich sowohl die Bushaltestelle „Tetraeder“ als auch der Parkplatz.
Vier Hauptwege führen hinauf zum Tetraeder. Vom langen Fahrweg über zwei Serpentinenwege bis hin zur „Direttissima“, einer Treppe mit 387 Stufen, kann man zur Haldenkuppe aufsteigen.
Wir haben uns für den Aufstieg für den Weg links mit den weiten Serpentinen entschieden. Nach einer Umrundung der Kuppe und dem Aufstieg auf den Tetraeder ging es dann über den kürzeren Serpentinenweg wieder zurück zum Ausgangspunkt.
Vom Parkplatz oder der Bushaltestelle geht es zunächst ein paar Meter nach Norden. Oder, wenn man vom Parkplatz über die Straße Richtung Tetraeder schaut, nach links. Dann kommen wir auch schon an die Infotafel und gehen den Weg rein. Nach ein paar Metern kommt eine Abzweigung.
- Der Weg bergauf ist leicht zu gehen, aber unspektakulär
- Eine Abkürzung. Muss man aber nict nehmen, der Weg ist nicht weit
- Ein erster Blick zwischen den Bäumen hindurch
Wer die kurzen Serpentinen oder die Direttissima gehen will, biegt nach rechts ab. Wir gehen links, gemütlich ansteigend über den breiten Weg, bis links unter uns ein Busdepot zu sehen ist. An einer spitzen Kehre nach rechts, weiter bergauf und noch einmal nach links.
An der nächsten Spitzkehre biegen wir wieder scharf rechts ab und sind dann auch schon fast oben. Jetzt ist es nun wirklich nicht mehr zu verfehlen und wir sehen den Tetraeder auch schon häufig zwischen den Bäumen. Das ist ein wirklich leichter und kurzer Aufstieg.
Oben angekommen wandern wir einmal um die Haldenkuppe herum. Was ich erst später gelesen habe: Das Schotterfeld, das etwas tiefer abfällt, ist so angelegt, dass man von der Mitte aus keine Gebäude der Umgebung mehr sieht. Man steht dann in der Steinlandschaft und sieht nur noch den Tetraeder und den Himmel. Das muss ich beim nächsten Besuch ausprobieren!
Beim Rundgang kommen wir auch an der obersten, eher kurzen, Treppe der Direttissima-Treppe entlang. Und wir haben einen guten Blick auf die langgezogene, flache Halle des Alpincenters Bottrop, der mit 640 Metern Länge längsten Skihalle der Welt.
Den Tetraeder besteigen
Aber jetzt soll es auf den Tetraeder gehen. Wir stehen vor dem Riesending und sind begeistert. Die schiere Größe der Konstruktion ist beeindruckend. Und vor uns beginnt nun die lange Treppe, die zur ersten Plattform in 18 Metern Höhe führt.
Der Aufstieg auf den Tetraeder ist übrigens kostenlos. Das gesamte Gelände des „Haldenereignis Emscherblick“ inklusive des Tetraeders ist Tag und Nacht frei zugänglich.
Der Aufstieg ist natürlich sicher und mit hohen Geländern versehen. Trotzdem kann es manchen Besuchern vielleicht etwas mulmig werden, denn die Stufen und auch der Boden der ersten Plattform bestehen aus Gitterrosten.
Den Tiefblick unter den Schuhen mag vielleicht nicht jeder. Ebenso wie das ganz leichte Schwingen der gesamten Treppe und Plattfom. Beide sind ja eingehängt, so dass sie immer leicht in Bewegung sind.
Von der ersten Plattform geht es über eine auch recht lange und steilere Treppe zur zweiten Plattform. Diese befindet sich jetzt schon in 32 Metern Höhe. Noch ein paar Meter höher, in 38 Metern Höhe, ist die dritte Plattform, die wir über eine Wendeltreppe erreichen.
- Blick von unten auf die oberen zwei Plattformen
- Das Tetaeder-Gestänge und seine Schatten
- Hier sehen wir die Skihalle Bottrop in ihrer ganzen Größe
- Ein Blick nach Osten, in Richtung Schalke-Arena
- Die Wendeltreppe zur obersten Plattform
- Jetzt geht’s auf die Wendeltreppe
Diese dritte Plattform ist ein großer, geneigter Ring. Von hier aus haben wir natürlich die beste Aussicht. Einige weitere Halden sind zu sehen, wir blicken auf das Alpincenter und einen Gasometer und weitere Industrieanlagen in der Nähe. Den Gasometer in Oberhausen können wir erkennen und das riesige weiße Dach der Arena auf Schalke.
Bei guter Sicht sollen auch Hauptbahnhof und Rathaus in Essen uns der Düsseldorfer Rheinturm zu sehen sein. Dazu hat es bei unserem Besuch nicht gereicht. Oder haben wir die Bauwerke nur nicht gefunden?
Aber auch ohne solche Landmarken ist es beeinddruckend, die Umgebung zu beobachten. Die Halden sind die höchsten Geländepunkte. Dazwischen blicken wir auf Wohngebiete, immer noch große Industrieareale, Straßen und Bahnstrecken.
Und, viele sind immer noch überrascht: Viel Grün. Ja, das Ruhrgebiet ist wirklich auch sehr grün. Bei unserem Besuch gegen Ende des Winters noch nicht so richtig, aber im Sommer sieht das ganz anders aus.
Es ist schon wirklich ein besonderes Erlebnis, auf oder inmitten des Rohrgestänges des Tetraeder zu stehen und von der Plattform auf die Umgebung zu sehen.
- Eine der vier Säulen, auf denen der Tetraeder steht und ein Windrad auf derNachbarhalde
- Eine Spitze und eine Dampfwolke
- Wer geometrische Formen fotografieren möchte, ist hier genau richtig
- Die Plattformen des Tetraeders vom Boden aus gesehen
- Die lange Treppe nach oben
- Die weißen Betonsäulen sind acht Meter hoch.
Was wir leider nicht mehr sehen können, sind die „Aliens“. Von von 2004 bis Anfang 2009 waren auf der großen Schotterfläche fantasievolle Figuren von Außerirdischen aus verschiedenfarbigem Schotter zu sehen, die der Bottroper Fred Fischer in einer Guerilla-Aktion angelegt hatte.
Nach einigem hin und her wurden die Aliens verboten und die Figuren wurden wieder entfernt. Im Wikipedia-Eintrag zum Tetraeder gibt es noch Fotos der Figuren.
Nachts leuchtet am Tetraeder die Lichtinstallation „Fraktal“ des Künstlers Jürgen Fischer. Einzelne Abschnitte des Rohrgestänges sind gelblich beleuchtet und verstärken den Eindruck eines außerirdischen, schwebenden Objekts.
Insgesamt ist der Besuch des Tetraeders ein tolles Erlebnis. Ich kann es Euch nur empfehlen, wenn Ihr in der Umgebung lebt oder einmal dorthin kommt.
Weitere Halden mit Installationen
Neben dem Tetraeder gibt es weitere Halden im Ruhrgebiet, die mit Installationen bestückt wurden. Einige Beispiele:
Auf der Halde Haniel, ebenfalls in Bottrop, findet Ihr Totems und einen Kreuzweg.
Die Installation „Tiger and Turtle – Magic Mountain“ ist eine Art Achterbahn für Fußgänger. Sie steht auf der Heinrich-Hildebrand-Höhe im Angerpark im Duisburger Stadtteil Angerhausen.
„Das Geleucht“ ist eine riesige Grubenlampe auf der Halde Rheinpreußen in Moers.
Auf der Halde Rheinelbe in Gelsenkirchen steht „Die Himmelstreppe“, eine gut zehn Meter hohe Steinskulptur aus großen Betonsteinen.
Es gibt noch einige weitere Halden, die mit Kunstwerken und Installationen versehen wurden. Eine umfangreiche Übersicht findet Ihr bei ruhr-tourismus.de
Dauer und Schwierigkeit:
Der Weg, den wir genommen haben, ist etwa dreieinhalb Kilometer lang. Sehr gemütlich kann man ihn in einer Stunde bewältigen. Der Weg zur Haldenkuppe uns wieder zurück zum Ausgangspunkt ist breit und sehr leicht zu gehen. Innerhalb des Tetraeders läuft man über Gittertreppen. Auch leicht, aber trotzdem ist es vielleicht nicht jedermanns Sache.
Höhenangaben:
Beckstraße Bottrop: ca. 45 Meter
Gipfelkuppe Halde Beckstraße: 110 Meter
Höchster Punkt Tetraeder: ca. 160 Meter
Essen und Trinken:
Im Bereich der Halde und des Tetraeders gibt es keine Restauration. An der Beckstraße gibt es einen „Imbiss am Tetraeder“.
Wo muss ich besonders aufpassen:
Die Wanderung ist wirklich sehr leicht. Allerdings sollte man, besonders im Sommer, bedenken, dass es oben auf der Haldenkuppe keinerlei Schatten und weder Regen- noch Windschutz gibt. Bei Frostgefahr kann der Tetraeder nicht bestiegen werden. Auf dem Tetraeder sollten man, trotz der hohen Geländer, natürlich besonders auf Kinder acht geben.
Wandern mit Hund:
Die Wanderung auf die Halde ist für Hunde sehr gut geeignet. Den Aufstieg über die Gittertreppen auf den Tetraeder würde ich dem Hund aber ersparen. Da sollte sich jemand unten auf der Haldenkuppe um den Hund kümmern, während die anderen den Tetraeder besteigen. Da es eine Halde ist, gibt es natürlich auch keine Bachläufe, so dass man Wasser für den Hund mitnehmen muss.
Wie komme ich hin?
Mit Bus und Bahn: Mit der Buslinie 266 fährt man direkt zur Haltestelle „Tetraeder“ in der Beckstraße.
Mit dem Auto: Der Parkplatz zum Tetraeder befindet sich direkt im Bereich der Grünanlagen an der Beckstraße.
Startpunkt:
Google Maps: 51.527026,6.954754
Openstreetmap: 51.527026,6.954754
What3Words: ///fuhr.netzteil.besuchten
Links:
Informationen zum Tetraeder auf den Seiten des Regionalverbands Ruhr und der Route Industriekultur.
Einen Artikel mit vielen Informationen und Fotos, auch vom nachts beleuchteten Tetraeder, findet Ihr auf www.ruhrgebiet-industriekultur.de
Landschaftsverband Westfalen-Lippe: Höhen aus der Tiefe – Bergehalden in Bergbauregionen Westfalens gestern und heute (PDF)
GPX-Track:
Maximale Höhe: 200 m
Minimale Höhe: 81 m
Gesamtanstieg: 172 m
Gesamtabstieg: -173 m
Buchtipps und Wanderkarte: